Als Führungskraft befinden Sie sich in einer Sandwich-Position: Mitarbeiter unter Ihnen, Chef über Ihnen, dann noch die Kunden, der Betriebsrat, die Personalabteilung. Jeder will etwas von Ihnen, aber oft stehen die Wünsche und Erwartungen der anderen im Widerspruch zueinander. Sie geraten zwischen die Stühle.
Ihr Vorgesetzter, Ihre Kollegen, die Kunden, der Projektleiter, die Personalabteilung – alle wollen sie etwas von Ihnen. Aber eben nicht immer das Gleiche. Nicht immer sind die Anforderungen, die von allen Seiten an Sie herangetragen werden, unter einen Hut zu bringen. Sie sind mittendrin – und wenn Sie in diesem „Sandwich“ nicht zum armen Würstchen werden wollen, brauchen Sie geeignete Strategien.
Viele Menschen neigen dazu, es allen Recht machen zu wollen. Schließlich will man es sich mit niemandem verscherzen. Also sagt man im Zweifelsfall zu allem Ja. Wer hier aber nicht über kurz oder lang in Teufels Küche geraten will, muss schnell lernen, Position zu beziehen und ein eigenes Standing zu entwickeln. Das kann dann immer noch bedeuten, dass Sie gerne Ja sagen. Oder eben – gut begründet – Nein. Oder dass Sie einen Wunsch äußern. Bedingungen stellen. Grenzen definieren. Etwas einfordern. Das Ziel ist ein reflektierter Umgang mit all den unterschiedlichen Anforderungen von außen, so dass Sie selbst als Kollege respektiert werden.
Die Grundlage: Selbstklärung
Schon Goethe ließ seinen Faust sagen: „Zwei Seelen wohnen, ach!, in meiner Brust!“, um die innere Zerrissenheit zu beschreiben, die sich oft aus einer äußeren Zwickmühle ergibt. Doch leider sind es oft nicht nur zwei Seelen, die in uns widerspiegeln, was wir am Arbeitsplatz erleben, sondern eine ganze Reihe von gegensätzlichen inneren Stimmen und Gefühlen. Psychologen bezeichnen diese „Seelen“ als „inneres Team“. Unser inneres Team ist dafür verantwortlich, dass wir hin- und hergerissen sind und manchmal widersprüchlich handeln. Gleichzeitig steckt in unserem inneren Team das Potenzial, mit der Sandwich-Position professionell umzugehen – wenn wir unser inneres Team gut führen. Selbstklärung ist deshalb der erste Schritt, wenn Sie zwischen den Stühlen sitzen.
Nehmen Sie sich dafür ein Blatt Papier her. Zeichnen Sie dann einen großen Bauch mit Kopf auf die Seite (siehe Abbildung) und füllen Sie den Bauch mit inneren Teammitgliedern. Zu jedem Teammitglied gehört ein typischer Satz, der sich auf die Sandwich-Position bezieht (Leitfrage: Was sagt das innere Teammitglied zu dieser Situation?) und ein Name, der das Teammitglied gut beschreibt. Wenn Ihr Team komplett ist, können Sie überlegen, wer mit wem verbündet ist und wer mit wem im Konflikt steht. Sie als Teamchef leiten dann eine innere Diskussion, um eine Lösung oder einen Kompromiss im Umgang mit Ihrem Dilemma zu finden. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass Sie sich entschließen, ein impulsives Teammitglied diesmal überhaupt nicht zu Wort kommen zu lassen. Das darf zwar den Mut beisteuern, die Situation bei den Hörnern zu packen, hält aber den Mund. Dafür darf ein argumentationsstarkes Teammitglied nach außen als Sprecher auftreten und die Anliegen des ganzen Teams vertreten. So schaffen können Sie intensive Gefühle (auch negative Gefühle wie Wut oder Angst) nutzen und gleichzeitig konstruktiv nach außen handeln.
Vollständige Kommunikation
In einer Sandwich-Position sollten Sie immer auch auf vollständige Kommunikation achten. Jede vollständige Kommunikation hat vier Seiten: Wir sagen etwas aus über die Sache; über uns selbst; über die Beziehung zum Gesprächspartner; über das, was wir wollen (Appell). Doch nicht nur auf der Senderseite gelten diese vier Aspekte, sondern auch auf der Seite des Empfängers. Er hat quasi vier Ohren und kann vollständig oder selektiv hören.
Unvollständige Kommunikation – die sich also auf beispielsweise auf den Sachaspekt beschränkt und die anderen drei Seiten vernachlässigt – lässt viel Raum für Missverständnisse und subjektive Interpretationen. Wenn Sie zu Ihrem Kollegen auf der Sachebene sagen „Das Fenster ist offen“ und weder einen Appell noch eine Aussage über Ihre Beziehung oder sich selbst ergänzen, dann steht es Ihrem Gesprächspartner offen, wie er den Satz versteht. Zum Beispiel könnte er einen Appell „hören“, den Sie gar nicht ausgesprochen haben und sagen: „Bin schon unterwegs. Ich mache das Fenster zu.“ Oder er könnte auf der Beziehungsebene hören und mit „Du hast mir gar nichts zu sagen“ reagieren.
Gerade E-Mails sind dafür prädestiniert, Missverständnisse hervorzurufen, weil wir oft nur auf der Sachebene schreiben – und der Empfänger die anderen drei Aspekte nach Belieben ergänzt. Machen Sie es sich deshalb zur Angewohnheit, vollständig zu kommunizieren und alle vier Aspekte anzusprechen. Und bei schwierigen Themen das direkte Gespräch zu suchen und nicht per E-Mail zu kommunizieren. Sonst werden Sie schnell merken, wie Sandwich-Situationen noch zusätzlich kompliziert werden.
Unbequemes ansprechen
Wenn Sie Ihr inneres Team klar haben und sich vorgenommen haben, vollständig zu kommunizieren, dann kann Ihnen die „SAG ES“-Methode helfen, auch schwierige Themen anzusprechen. „SAG ES“ beschreibt fünf Phasen, die Ihnen als Gliederung für schwierige Gespräche dienen können:
- Sichtweisen schildern: „Mir ist aufgefallen, dass …“
- Auswirkungen beschreiben: „Für mich heißt das, …“
- Gefühle benennen: „Ich fühle mich dabei …“
- Erfragen, wie es der andere sieht: „Wie geht es Ihnen damit?“
- Schlussfolgerungen ziehen: „Ich wünsche mir …“ oder „Wie können wir damit umgehen?“
Fazit
Gerade für Führungskräfte ist es wichtig, klar und vollständig mit Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten zu reden. Eine Selbstklärung anhand des „inneres Teams“ ist dafür eine hilfreiche Grundlage. So gelingt es, schwierige Sandwich-Positionen frühzeitig zu erkennen und anzusprechen und Zwickmühlen aufzulösen.