In dieser Folge meiner Artikelserie zeige ich Ihnen die fünf Schritte von EMDR für das praktische Vorgehen, damit Sie den ganzen Prozess für Ihr erstes Anliegen komplett alleine durchführen können.
Schritt 1: Ihr Thema
Im ersten Schritt des Selbstcoachings legen Sie Ihr Thema fest. Wenn Sie noch nicht so viel Erfahrung mit EMDR oder Selbstcoaching haben, empfehle ich Ihnen, ein Thema auszuwählen, das Sie nicht allzu sehr belastet. Das wird Ihr Übungsthema für den ersten Versuch.
Wichtig: Das Gehirn denkt in Bildern. Es genügt also nicht, nur ein abstraktes Thema – etwa Flugangst – zu finden. Es braucht eine damit verbundene Schlüsselsituation, z. B. Sicherheitskontrolle, Enge, Gepäck verstauen, Turbulenzen etc.
Eine Frau bei mir im Coaching dachte an eine längst vergangene Szene aus ihrer Kindheit, als sie an ihrer Auftrittsangst arbeiten wollte. Ein Lehrer hatte sie an der Tafel bloßgestellt. Der Schlüssel muss aber nicht in der Kindheit liegen. Oft findet sich der unangenehmste Moment, mit dem man in den Prozess einsteigt, in der jüngeren Vergangenheit. Manchmal liegt die stressauslösende Situation nur wenige Stunden oder Tage zurück.
Formulieren Sie nun Ihr Übungsthema. Was ist der unangenehmste Moment dabei? Welches Bild ist damit verbunden?
Schritt 2: Das Gefühl
Was für den einen Menschen schlimm ist, ist für einen anderen kein Problem und umgekehrt. Deshalb ist das Wichtige nicht die Situation an sich, sondern die damit verbundenen Emotionen. Vergegenwärtigen Sie sich also Ihr Thema, die dazugehörige unangenehmste Situation und das dabei auftauchende innere Bild. Fragen Sie sich: Welches Gefühl spüren Sie am intensivsten?
Manchen Menschen fällt es nicht leicht, das zentrale Gefühl zu benennen. Die folgende unvollständige Liste kann Ihnen in diesem Fall vielleicht helfen: Angst, Panik, Wut, Ärger, Trauer, Traurigkeit, Ekel, Scham, Nicht-Empfinden/ Taubheit, Empörung, Genervt-Sein, Verlustschmerz, Hilflosigkeit, Ohnmacht, Schock, Überraschung, Verwirrung, Schuld, Gekränkt-Sein, Neid, Ablehnung, Hass, Abscheu, Müdigkeit, Schmerz oder Erschöpfung.
Wenn Sie die negative Emotion, die mit Ihrem Thema verbunden ist, entdeckt und benannt haben, dann bestimmen Sie noch die persönliche Intensität. Nutzen die dafür eine Skala, die von -10 (das stärkste vorstellbare Unbehagen) über null (neutral) bis zu +10 (das stärkste angenehme Gefühl, das Sie sich vorstellen können) reicht.
Schritt 3: Body-Scan
Körper und Psyche sind untrennbar verbunden. Die Beziehung zwischen beiden lässt sich am besten als Wechselwirkung beschreiben: Der Körper beeinflusst die Psyche und die Psyche beeinflusst den Körper.
Auch der Körper hat eine Gedächtnisfunktion: Jede Erfahrung, jedes Erlebnis ist auch mit einer Körperwahrnehmung verbunden und wird entsprechend abgespeichert. Unser Gedächtnis merkt sich Situationen nämlich nicht abstrakt, sondern ganz konkret: Was habe ich in dieser Situation gesehen? Gerochen? Gefühlt? Geschmeckt? Gehört? Welche Haltung habe ich eingenommen? Wie hat mein Körper reagiert?
Eine Frau z.B. reagierte immer mit Anspannung, wenn eine Person aus der Verwandtschaft sie am Arm berührte. Andere Berührungen waren okay. Später wurde ihr klar, dass diese Person sie Jahre zuvor einmal schmerzhaft festgehalten hatte – am Arm. Der Körper hatte sich das gemerkt.
Körperwahrnehmungen werden bei EMDR genutzt, um die Erinnerung an eine belastende Situation, die hinter einer Blockade steckt, im Gehirn zu aktivieren und später aufzulösen. Weil man dabei in den Körper hineinhorcht, ihn „abtastet“, wird dieser Schritt als Body- Scan bezeichnet.
Wenn Sie sich die unangenehmste Situation bewusst machen und das damit verbundene Gefühl: Wo spüren Sie es im Körper? Ist es ein Kloß im Hals? Ein Knoten im Bauch? Eine Spannung im Nacken? Nehmen Sie genau wahr, wo Sie etwas spüren. Wie fühlt sich das genau an? Vielleicht möchten Sie Ihr Körpergefühl auch in einer Strichmännchen-Skizze festhalten.
Schritt 4: Die Intervention
Unter „Intervention“ versteht man das Vorgehen, mit dem negative Emotionen und innere Blockaden aufgelöst werden. Oder positive gestärkt. Bei EMDR mit einem Coach geschieht das meist durch vom Coach geführte Augenbewegungen. Dadurch werden die Gehirnhälften abwechselnd aktiviert und der Lösungsprozess in Gang gesetzt. Im Selbstcoaching kann man die so genannte Schmetterlings- oder Butterfly- Technik anwenden, die ähnliche Effekte hat. Gehen sie folgendermaßen vor:
- Setzen Sie sich bequem auf einen Stuhl, ohne die Beine zu überkreuzen. Alternativ können Sie aber auch liegen oder stehen.
- Überkreuzen Sie die Unterarme vor der Brust und legen Sie die Hände auf die Schultern. Die rechte Hand ruht jetzt auf der linken Schulter, die linke Hand auf der rechten Schulter.
- Klopfen Sie abwechselnd mit den Handflächen leicht auf Ihre Schultern – pro Sekunde einmal links und einmal rechts. Ein Durchgang („Set“) dauert dabei etwa 30 bis 40 Sekunden. Atmen Sie nach jedem Set tief ein und aus.
„Das soll alles sein?“, fragen Klienten ab und zu. Ja, das ist alles. Der Effekt der Butterfly-Technik ist überraschend und entlastend. Das Staunen liegt vermutlich daran, dass wir in der Psychologie vor allem verbale Methoden kennen. Eine Intervention, die mehr oder weniger ohne Worte funktioniert, weil sie auf der neurobiologischen Ebene abläuft, ist für die meisten Menschen ungewohnt.
Probieren Sie die Butterfly-Technik gleich einmal aus. Zu Übungszwecken vergegenwärtigen Sie sich noch nicht „Ihre“ Situation, sondern denken erst einmal an etwas Angenehmes. Spüren Sie nach, was in Ihnen dabei passiert.
Die Butterfly-Intervention wird – mit kurzen Pausen – mehrmals hintereinander durchgeführt. So lange bis beim Gedanken an das Thema und die unangenehmste Situation keine negativen „Restempfindungen“ mehr auftauchen. Der Zustand wird zwischendurch immer wieder mit einem kurzen Body-Scan überprüft. Im Prozess tauchen oft weitere Körpergefühle auf. Das ist okay.
Schritt 5: Die Verankerung
Wenn alle Blockaden und negativen Gefühle gelöst sind, geht es darum, das stärkende Ergebnis zu verankern und in die Zukunft mitzunehmen. Dabei gehen Sie so vor: Formulieren Sie einen Satz über Sie selbst, der beschreibt, wie Sie sich nun selbst sehen, wenn Sie an Ihr Thema denken. Dieser Satz sollte positiv oder zumindest neutral-zuversichtlich sein. Er könnte beispielsweise lauten: „Ich bin in Ordnung, so wie ich bin.“ Oder: „Ich kann mir selbst vertrauen.“ Oder: „Ich kann damit umgehen.“ Ist ein neutral-positiver Satz noch nicht stimmig? Dann haben Sie eventuell zu früh aufgehört. Machen sie noch einige Sets.
Wenn Sie den Satz haben, konzentrieren Sie sich auf das ursprüngliche Bild zu Ihrem Thema. Denken Sie gleichzeitig an den positiven Satz über sich selbst. Dann wenden Sie die Butterfly-Technik etwa zehnmal an. Denken Sie abschließend an eine zukünftige Situation zu Ihrem Thema und überprüfen Sie die Gefühle, die das auslöst. Wenn noch negative Gefühle mitschwingen, dann stellen Sie sich die Situation möglichst konkret vor und führen Sie dazu einige Sets durch.
Mehr verrate ich Ihnen im nächsten Blogartikel.
Was mich als Coach auszeichnet: Ich arbeite zeitökonomisch mit Methoden des Kurzzeitcoachings, so dass Sie schnell zu Ergebnissen kommen. Außerdem sorge ich als Empowerment-Coach dafür, dass Sie schon bald wieder ohne Coach auskommen, weil der Fokus auf Ihren Fähigkeiten und Ressourcen liegt. Deshalb gebe ich Ihnen auch gerne diese Anleitung zum Selbstcoaching, weil ich an meine Kunden glaube. Wenn Sie trotzdem meine persönliche Hilfe brauchen, unterstütze ich Sie gerne.
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